Amt für ländliche Entwicklung Oberpfalz, Tirschenreuth

Nach der Revitalisierung von Brachflächen auf dem ehemaligen Bahnhofsgelände in Tirschenreuth werden zur Stärkung des ländliches Raums zwei Bauvorhaben des Freistaates Bayern realisiert: Der Neubau des Amtes für Ländliche Entwicklung Oberpfalz und der Neubau der Polizeiinspektion Tirschenreuth. Die zuerst, am 6. Dezember 2012 fertig gestellte Baumaßnahme auf dem Gelände war das neue „ALE“, das Amt für Ländliche Entwicklung Oberpfalz in der Falkenberger Straße.

Projektstand: fertiggestellt 2013

Entwurf: SHL Architekten, Weiden i.d.Opf.

Aufgaben und Zielsetzung

Im Juni 2010 erhielt das Staatliche Bauamt den Planungsauftrag zur Vorbereitung und Durchführung der Ausschreibung für den Neubau eines Verwaltungsgebäudes für 150 Mitarbeiter auf einer Nutzfläche von rund 3191 m2. Auf dem 9.000 m2 großen Grundstück waren außerdem die Außenanlagen mit 100 Kfz-Stellplätzen und 10 Garagen zu realisieren. Das Landwirtschaftsministerium forderte zudem den Holzbau mindestens in seinen konstruktiven Teilen bei einem Kostendeckel in Höhe von 8,5 Millionen Euro.

Ausschreibung und Verfahren

Als Ausschreibungsverfahren wurde ein Verhandlungsverfahren mit vorgeschaltetem Teilnahmewettbewerb durchgeführt. Der Ausschreibung mit einer Leistungsbeschreibung mit Leistungsprogramm wurden ein detailliertes Raumbuch und eine ausführliche Beschreibung der Funktionszusammenhänge beigelegt. Um bei der Wertung größtmögliche Objektivität zu gewährleisten, hat das Bauamt die Beurteilung der beiden „weichen“ Kriterien „Gestaltung“ und „Funktionalität“ einem Gremium mit Beteiligung Nutzer, interner und externer Fachleute übertragen. Der Preis wurde nur mit 10% und die übrigen Kriterien - wie technischer Wert, Ökologie, Gestaltung, Funktionalität - mit 90% der erreichbaren Wertungspunkte gewichtet. So entstand ein Qualitäts- an statt eines reinen Preiswettbewerbs. Die Fa. Markgraf aus Bayreuth überzeugte mit dem wirtschaftlichsten Angebot und erhielt den Zuschlag. Für den Holzbau arbeitete der Generalauftragnehmer mit der schwäbischen Holzbaufirma Gumpp & Maier zusammen.
Die Planung oblag dem Architekturbüro SHL, Dr. Lehner, aus Weiden - während der Angebotsphase in Kooperation mit dem Architekturbüro Gerlach aus Marktredwitz. Die Freiraumplanung wurde ebenfalls an SHL, Landschaftsarchitektin Dipl.-Ing. Christina Lehner, beauftragt.

Entwurf

Der Entwurf zeigt einen zweigeschossigen Baukörper mit ca. 73 m Länge und ca. 40 m Breite. Die langgestreckte, ruhige bauliche Anlage stellt einen wohltuenden Kontrast zur Gewerbearchitektur der näheren Umgebung dar und schafft es, dem öffentlichen Raum entlang der Falkenberger Straße Kontur zu geben. Der Zugang zum Gebäude im Osten wendet sich dem Stadtzentrum Tirschenreuths zu.
Die innere Struktur des Verwaltungsgebäudes basiert auf dem zentral durchgesteckten Bereich Haupteingang mit zweigeschossigem Foyer, Innenhof und großem Sitzungs- bzw. Speisesaal. Die Büros werden über Mittelflure an den parallelen Längs- bzw. Querstangen der Anlage erschlossen.
Die Fassaden des Gebäudes zeigen eindeutig den Holzbau, der das Selbstverständnis des Amtes für ländliche Entwicklung als Teil einer „grünen“ Verwaltung mit der Zielsetzung des vitalen ländlichen Raums unterstreicht.
Geschoßhoch, versetzt angeordnete Holzstelen rhythmisieren die Fassade, stilisieren den Bezug zum Bauen im ländlichen Raum und geben der einfachen Struktur Licht und Schatten, Tiefe und Plastizität.

Die in einem warmen Rotton gehaltene Fassadenfarbe ist an die Farbgebung historischer Holzfachwerkhäuser der Region angelehnt. Bei der Wahl der Materialität und Farbgestaltung wurde insgesamt auf die Reduktion gesetzt: Böden im Hauptzugangs- bzw. Sauberlaufbereich in Naturstein, Treppenläufe in Stahl mit Natursteinauflage, Nottreppen in Beton mit Kunststein, sämtliche Flure sowie Sitzungs- und Speisesaal in geöltem Industrieparkett, die Büros mit anthrazithfarbenem Linoleum und die Sanitärbereiche schlicht weiß und grau mit Fugenschnitt gefliest. Schließlich die Wände in den Büros weiß, holzsichtige, konstruktive Brettstapeldecken und Flurwände wiederum in Nadelholz.

Nachhaltigkeit

Ökologie war bereits bei der Ausschreibung als wichtiges Wertungskriterium definiert worden. Der ausgeführte Entwurf verwendet den Baustoff Holz in seinen konstruktiven Teilen und auch in den Oberflächen. Das verbaute Holz stammt ausschließlich aus zertifizierter Forstwirtschaft. Durch die Beachtung des konstruktiven Holzschutzes bei der Fassade und die neuartige Beschichtung der Holzoberflächen auf mineralischer Basis wird erwartet, dass sich der Pflegeaufwand der Fassade im Bauunterhalt minimiert.
Die Beheizung des Gebäudes erfolgt über eine Biomasseheizung mit Holzpellets. Der im Energieausweis errechnete Primärenergiebedarf liegt mit 82,2 KWh/m2a um ca. 32% unter den Anforderungen der Energieeinsparverordnung. Eine PV-Anlage auf dem Dach mit einer Leistung von 10 kWp leistet darüber hinaus einen Beitrag zur Produktion elektrischer Energie. Schließlich wurde bei der Gestaltung der Außenanlagen auf die Versickerungsfähigkeit besonderer Wert gelegt.

 

Zusammenfassung und Ausblick

Der Neubau des Amtes für ländliche Entwicklung Oberpfalz wurde von Seiten der Staatlichen Bauverwaltung mit einem Generalübernehmer durchgeführt. Das angewendete Verfahren ist nach der Erfahrung an bestimmte Rahmenbedingungen gebunden, wenn es erfolgreich eingesetzt werden soll: Die Projektgröße muss in einer angemessenen Relation zu der für die Baufirmen aufwändigen Angebotsbearbeitung stehen. Um wirtschaftliche Potentiale auf Bieterseite auszuschöpfen, muss einerseits der Fokus des Projekts auf der Funktionalität des Gebäudes, den Kosten und den Terminen liegen. Aspekte der Gestaltung laufen sonst Gefahr ins Hintertreffen zu geraten. Im Fall Tirschenreuth ist dieser Spagat gelungen, was zum einen am initiierten Qualitätswettbewerb und zum anderen am großen Engagement und Teamgeist der beteiligten Personen auf Firmen-, Planer- und Bauherrenseite gelegen hat.